Das Tropenhaus Frutigen ist ein Ausflugs- und Erlebnisziel im Berner Oberland. Zudem ist es eine der wichtigsten Fischzuchten der Schweiz und die einzige Kaviarzucht. Wer sind Ihre Kunden und weshalb besuchen sie das Tropenhaus?
Zu unseren Kunden gehören Ausflugsgäste aus der Schweiz und dem nahen Ausland. Zudem finden viele Geschäftskunden den Weg zu uns ins Berner Oberland. Sie führen Tagungen, Seminare und Teamevents durch oder besuchen uns zur Auflockerung ihres Tagesprogramms. Ebenso kommen Gäste, die einzig unser Restaurant besuchen. Diese Gruppe schätzt unser Angebot an Produkten, die wir selbst herstellen. Unseren Fisch und Kaviar verbinden wir mit den tropischen Früchten und Gewürzen aus unserem Garten und weiteren Zutaten aus der Region zu neuen Menükreationen. So sprechen wir Feriengäste an, genauso wie Personen, die hier im Kandertal zu Hause sind. Und schliesslich gehört noch eine weitere Gruppe zu unseren Kunden, die extra zu uns kommt, um in unserem Shop einzukaufen. In diesem bieten wir unseren Kaviar, Egli- und Störfilets sowie Produkte aus dem Garten an, aber auch Artikel von Kleinproduzenten aus der Umgebung.
Dem Tropenhaus Frutigen gelingt es seit über zwölf Jahren, ein vielfältiges Publikum ins Berner Oberland zu locken und zu begeistern. Worin steckt das Geheimnis seines Erfolgs und wie schafft es das Team um Nicolas Buchmann, die sich stets ändernden Bedürfnisse zu erkennen und zu erfüllen? Wie die Stärken eines ganzen Teams genutzt werden, um Innovation voranzutreiben.
In der Schweiz gibt es viele herausragende Erlebnisziele. Wie schaffen Sie es, sich in diesem Umfeld abzuheben und ein Publikum für das Tropenhaus Frutigen zu gewinnen?
Zentral für den Erfolg des Tropenhaus Frutigen ist die Kundenorientierung. Uns ist es wichtig, uns aus dem Kundenfeedback heraus weiterzuentwickeln. Aus diesem Grund fragen wir an zahlreichen Stellen im Tropenhaus direkt nach der Besuchermeinung und führen zusätzlich häufige Kundenbefragungen durch. Aus den erhaltenen Besuchermeinungen leiten wir Massnahmen ab, mit denen wir das Kundenerlebnis verbessern können. Dabei verfolgen wir konsequent den Leitsatz: «Damit Kunden zu Fans werden». Unsere Gäste sollen so überzeugt nach Hause gehen, dass sie von uns erzählen und andere animieren, zu uns zu kommen. Um dieses Ziel zu erreichen, wollen wir uns über die Freundlichkeit und den Service abheben, aber auch über unser Angebot. Unsere Führungen und Erlebnisworkshops werden bewusst nicht von einer zentralen Stelle geplant, sondern entstehen in zahlreichen Gesprächen innerhalb des Kaders und der einzelnen Teams.
Uns ist es wichtig, uns aus dem Kundenfeedback heraus weiterzuentwickeln.
Wie erschaffen Sie ein Kundenerlebnis, das begeistert und Ihre Kunden mit einem Lächeln nach Hause gehen lässt?
Das Erlebnis steht bei uns im Tropenhaus im Mittelpunkt. Wir sind mehr als eine einfache Ausstellung, denn bei uns werden alle Sinne angesprochen. Für ein Geruchserlebnis sorgt zum Beispiel unser Curryturm, in dem sich die einzelnen Zutaten der Gewürzmischung in verschiedenen Kammern befinden. So können unsere Gäste die Gewürzkomponenten einzeln anschauen und riechen. Den Geschmacksinn sprechen wir vielerorts an. Etwa in einer Genussführung, in der die Gäste Früchte und andere Gewächse pflücken, aus denen unsere Küche dann ein ansprechendes Menü kreiert. Mutigen Besucherinnen und Besuchern empfehlen wir unseren Chilikäfig. Gut abgeschirmt finden sie dort in farbigen Mühlen verschiedene Chilisorten aufbewahrt. Von grün bis dunkelrot werden diese immer schärfer, und so lässt sich spielerisch ausprobieren, wie weit man es auf der Schärfeskala, der sogenannten Scoville-Skala, schafft. Für ein haptisches Erlebnis sorgt unsere Station mit Komponenten der Orchideenerde. Steine, Fasern, Rinden, Moose und andere Zutaten lassen sich dort ergreifen und ertasten. Zudem setzen wir Audioinformationen ein, um ein individuelles Kundenerlebnis zu bieten. In der Ausstellung können die Besucher vier verschiedenen Schwerpunkten nachgehen. Die drei Schwerpunkte «Wissenschaft, Koch und Stör» richten sich dabei an die erwachsenen Besucher. Die Tour mit dem Murmeli ist für Kinder gedacht. Auf Audioguides erhalten die Besucher dann entsprechende Erklärungen, oder sie rufen die Informationen über einen QR-Code direkt auf ihrem Mobiltelefon ab.
Das Tropenhaus wurde vor gut zwölf Jahren eröffnet. Wie haben sich die Kundenbedürfnisse und das Tropenhaus seither verändert?
Das Interesse, etwas Neues zu sehen, reichte in unseren Anfängen für einen Besuch aus. Und dies, obwohl der Garten noch nicht so grün, die Ausstellung noch nicht so umfangreich und das Restaurantkonzept noch sehr einfach waren. In den letzten Jahren sind die Ansprüche in allen Bereichen gestiegen. Deshalb haben wir unsere Ausstellung ausgebaut und modernisiert, so dass sie heute individuell und interaktiv erfahren werden kann. Die gastronomische Weiterentwicklung basiert auf dem Kundenbedürfnis, die Produkte aus unserem Garten im Restaurant wiederzufinden. Das Empfinden, wie eine Ausstellung auszusehen hat, hat sich seit der Eröffnung ebenfalls verändert. Zu Beginn war der Garten sehr aufgeräumt. Heute lassen wir Pflanzen bewusst wuchern und über die Wege wachsen, damit die Besucher in eine andere Welt eintauchen und ein Dschungelfeeling erleben können. Wir haben auch festgestellt, dass Pflanzen zwar begeistern, Tiere aber eine zusätzliche Anziehungskraft ausüben. Deshalb laufen heute chinesische Zwergwachteln, Seidenhühner und Schildkröten durch unser Tropenhaus und diesen Sommer ziehen zudem Madagaskar-Taggeckos bei uns ein.
Unsere Gäste spüren, dass bei uns nichts auf dem Reissbrett, sondern mit viel Engagement in einem fortlaufenden Prozess entsteht.
Ihr Angebot ist sehr vielseitig. Wie schaffen Sie es, so viele verschiedene Kundengruppen glücklich zu machen?
Wir überlegen uns für jeden Bereich, welche Zielgruppe wir ansprechen wollen. Anhand dieser und der Rückmeldungen aus den Kundenumfragen richten wir unser Angebot konsequent aus. Dabei setzen wir auf Innovation durch unsere Spezialistinnen und Spezialisten. Wir räumen jeder für einen Bereich verantwortlichen Person genug Zeit ein, diesen weiterzuentwickeln. Wir überlassen ihnen die Verantwortung und den Gestaltungsspielraum, um ihre Kreativität auszuleben. Dies spüren unsere Gäste. Sie merken, dass bei uns nichts auf dem Reissbrett skizziert wird, sondern mit viel Engagement in einem fortlaufenden Prozess entsteht.
Nachhaltigkeit wird immer wichtiger. Wie wichtig ist Ihren Kunden und Ihnen Nachhaltigkeit?
Für mich als Umweltingenieur ist Nachhaltigkeit einer der Gründe, weshalb mich meine Aufgabe hier begeistert. Das Tropenhaus Frutigen ist schon seit seinem Gründungsgedanken ein nachhaltiges Projekt. Durch den Bau des Lötschbergbasistunnels fliesst 18 Grad warmes Wasser aus dem Berg. Dieses muss abgekühlt werden, bevor es in die Flüsse eingeleitet werden darf. Deshalb wurde damals nach einer Geschäftsidee gesucht, das warme Wasser nachhaltig zu nutzen. Seither richten wir jedes Handeln, jede Entscheidung auf Nachhaltigkeit aus. Die Egli- und Störzucht, die für unseren Geschäftserfolg sehr wichtig ist, zeigt dies exemplarisch. Wir setzen nachhaltig produziertes Fischfutter ein, ernten den Kaviar, verarbeiten die Fische zu Filets und nutzen selbst die Haut der Störe. Diese wird im Kanton Bern gegerbt und zu Fischlederprodukten verarbeitet, die wir in unserem Shop verkaufen. Die Reste des Fischs werden in der Biogasanlage hier in Frutigen verwertet. Auch unseren Besuchern ist der Nachhaltigkeitsgedanke wichtig. Sie wollen sehen und verstehen, wie mit Hilfe der thermischen Energie aus dem Wasser unsere Tier- und Pflanzenwelt entsteht. Deshalb ist auch der technische Aspekt in der Ausstellung sehr präsent. Ausserdem ist es unseren Gästen wichtig, im Restaurant regionale Produkte und Wein aus der Schweiz zu geniessen. Und das Hauptargument für den Kauf unseres Kaviars ist neben der Qualität die nachweislich nachhaltige Produktion.
Was tun Sie, damit Sie in zehn Jahren immer noch so erfolgreich oder noch erfolgreicher sind als heute?
Ein wichtiger Punkt ist, unsere Grundwerte nicht zu vergessen und auf diesen aufzubauen. Wir wollen die Geschichte der Nachhaltigkeit weitertragen und als Leuchtturmprojekt gelten. Darüber hinaus versuchen wir zu antizipieren, was die Generation Alpha, die nach 2010 Geborenen, bewegen wird. Was wird diese Generation im Jahr 2030 spannend finden? Welche Werte soll eine Ausstellung 2035 vermitteln? Ich bin überzeugt, dass wir uns selbst erleben müssen, um zu wissen, was unsere Kunden bewegt. Jedes Teammitglied hat deshalb den Auftrag, einmal im Restaurant zu essen oder mit einem Audioguide durch die Ausstellung zu gehen. Bei der Frage, wo wir in der Zukunft sein wollen, werden von den Geschäftsleitungsmitgliedern über die Teamleiter bis hin zu den Lernenden alle miteinbezogen. Die vielen Meinungen sind zwar oft schwierig unter einen Hut zu bringen, dafür kommen so immer wieder Ideen auf, die in kleinen Gruppen nicht entstanden wären. Ausserdem steigt die Bindung der Mitarbeitenden, wenn sie sehen, dass ihre Ideen umgesetzt werden. Dies alles bewirkt, dass das Tropenhaus auch in Zukunft Erfolg haben wird.
Nicolas Buchmann
Nicolas Buchmann ist CEO des Tropenhauses Frutigen. Der Umweltingenieur bringt ein Masterstudium in Fish Biology, Fisheries & Aquaculture mit und ist damit ein ausgewiesener Experte für Fisch und Nachhaltigkeit – zwei zentrale Anliegen des Tropenhauses Frutigen.
www.tropenhaus-frutigen.ch