Aus einer Notlage heraus gegründet, hat sich die Kernser Edelpilze GmbH mit Innovationsgeist, technologischer Entwicklung und kompromissloser Qualitätsorientierung zur Exzellenz in der Schweizer Lebensmittelproduktion entwickelt. Heute ist das Unternehmen Marktführer für Edelpilze und prägt die Branche mit wegweisenden Lösungen. Co-Geschäftsführer Christian Fanger gibt Einblick in Schlüsselmomente dieser Erfolgsgeschichte.

Zusammenfassung

  • 1995 stieg Sepp Häcki in die damals wenig bekannte Edelpilzzucht ein und gründete die Kernser Edelpilze GmbH.
  • Der Durchbruch gelang durch eigene Substratherstellung, die Qualität und Ertrag verbesserte und das Unternehmen zum Marktführer machte.
  • Heute produziert Kernser Edelpilze rund 200 Tonnen Frischpilze pro Jahr, beliefert Migros und Gastronomiebetriebe und exportiert Substrate ins Ausland.
  • Das Unternehmen setzt auf Nachhaltigkeit, biologische Produktion, Mitarbeitersicherheit und modernste Technologien. Es wurde mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit dem agroPreis und dem Building Award.
  • Mit Forschungspartnerschaften und Projekten zur Wiederverwertung und CO₂-Bindung strebt das Unternehmen eine nachhaltige, zukunftsorientierte Entwicklung an.

Die Kernser Edelpilze GmbH wurde 1995 aus der Not heraus gegründet. Können Sie mehr darüber erzählen? 
Sepp Häcki, Gründer der Kernser Edelpilze GmbH, betrieb ursprünglich eine Schweinezucht. Diese musste er 1995 wegen einer neuen Gewässerschutzverordnung aufgeben. Auf der Suche nach Alternativen lernte er auf einem Seminar für nachhaltige Landwirtschaft in Deutschland die Zucht von asiatischen Pilzsorten kennen. Der Aufbau des neuen Betriebs gestaltete sich anfangs jedoch schwierig. Die Bank lehnte es ab, in den Betrieb zu investieren, da asiatische Edelpilze in der Schweiz noch unbekannt waren und so die nötigen Sicherheiten fehlten. Zum Glück fand Sepp Häcki einen privaten Investor, so dass bald darauf die ersten Kernser Edelpilze ausgeliefert werden konnten. 

Nahaufnahme Kräuterseitlinge auf Substrat beim Profond Kunden Kernser Edelpilze
Nahaufnahme Austernseitlinge auf Substrat beim Profond Kunden Kernser Edelpilze
Nahaufnahme der Hutunterseite eines Pilzes beim Profond Kunden Kernser Edelpilze

Heute beschäftigt Kernser Edelpilze rund dreissig Mitarbeitende. Wie ist es gelungen, ein führendes Unternehmen in der Lebensmittelproduktion zu werden? 
Unser Unternehmen hat die Gunst der Stunde genutzt. 1995 waren Edelpilze in der Schweiz noch weitgehend unbekannt. Mit der zunehmend internationaleren Bevölkerung wuchs die Beliebtheit asiatischer Gerichte, und die Nachfrage stieg deutlich. Die Zeit war reif für den Detailhandel, in dieses Geschäft einzusteigen. Ausschlaggebend für unseren Erfolg war zudem die Entwicklung eigener Maschinen zur Substratherstellung. Früher mussten wir die Substrate, den Nährboden für die Pilze, aus dem Ausland importieren. Die Qualität war aber sehr unzuverlässig, so dass die Ernte mal gut und mal schlecht ausfiel. Mit der eigenen Substratproduktion konnten wir die Qualität verbessern, die Produktionsmenge steigern und unsere Bekanntheit ausbauen. 2014 erhielten wir den «agroPreis» als innovativster Landwirtschaftsbetrieb der Schweiz. Diese Auszeichnung öffnete uns den Zugang zur Vermarktung in der Migros. Im gleichen Jahr erhielten wir den Anerkennungspreis der Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz (IHZ), der uns zusätzlich das Vertrauen der Banken und Investoren brachte.

Die Pilzproduktion ist ohnehin innovativ, weil wir Lebensmittel aus Upcycling-Produkten produzieren.

Sie sind Marktführer für Edelpilze in der Schweiz. Wie hoch ist die Produktionsmenge und produzieren Sie ausschliesslich für den Schweizer Markt?
Wir produzieren jährlich rund 200 Tonnen Frischpilze, trotzdem ist der Edelpilzmarkt auch heute noch ein Nischenmarkt; in grossen Mengen werden nach wie vor nur Champignons konsumiert. Unsere Hauptabnehmerin ist die Migros, daneben produzieren wir auch für die Gastronomie. Diese beliefern wir aber nicht direkt, sondern über verschiedene spezialisierte Grosshändler. Die Edelpilzproduktion macht etwa die Hälfte unseres Geschäftes aus, die andere Hälfte entfällt auf das Substratgeschäft. Wir stellen Substrate sowohl für unsere eigene Pilzzucht als auch für zwei Schweizer Partnerbetriebe her – einen in der Westschweiz und einen in der Region Luzern. Zudem beliefern wir den internationalen Markt und exportieren Substrate nach Spanien, Frankreich, Deutschland, Italien, Österreich, Polen und Litauen.

Wie genau funktioniert die Produktion von Edelpilzen?
Die Basis für die Produktion bilden ausgewählte Rohstoffe, aus denen wir das Substrat herstellen. Dazu gehören zu Pellets verarbeitete Sägespäne, Getreidemischungen und Abfallprodukte aus der Ölsaatenproduktion von Sonnenblumen oder Soja. Das Substrat dient dem Pilz als Energiequelle, um seinen eigenen Wachstumsmechanismus anzutreiben. Die Herausforderung besteht darin, die Rohstoffe so aufzubereiten, dass sie hygienisch rein sind und die optimale Zusammensetzung für die jeweilige Pilzsorte bieten. Nur wenn die Kombination stimmt, können die zugesetzten Pilzsporen wachsen. Dazu wird das Substrat pasteurisiert und danach wieder abgekühlt, um die optimale Temperatur von 26 bis 28 Grad für die Zugabe der Pilzsporen zu erreichen. Anschliessend werden die beimpften Substratblöcke in Folie gewickelt und bei etwa 20 Grad in Wachstumsräumen gelagert. Bei optimalen Temperatur- und Feuchtigkeitsbedingungen beginnen die einzelnen Pilzsporen ein feines Fadengeflecht zu bilden. Dieses weitet sich aus und schliesst sich zum so genannten Pilzmyzel zusammen. In dieser Phase zieht das Pilzmyzel die Energie aus dem Substrat und durchwächst es immer mehr. Erst jetzt beginnen aus dem Myzel die Fruchtkörper zu wachsen, die wir als Pilze kennen. 

Eine Mitarbeiterin bewegt ein Hochgestell in einem Produktionsraum beim Profond Kunden Kernser Edelpilze
Hände in hellblauen Handschuhen greifen einen Substratblock mit Austernseitlingen für die Ernte
Ein Mann geht durch einen in blaues Licht getauchten Produktionsraum beim Profond Kunden Kernser Edelpilze
Christian Fanger, Co-Geschäftsführer des Profond Kunden Kernser Edelpilze steht mit einem Mitarbeiter vor der Messanzeige vor einem Produktionsraum
Blick in einen Produktionsraum mit Hochregalen voller Pilze auf beiden Seiten beim Profond Kunden Kernser Edelpilze

Wie lange dauert dieser Prozess? 
Das ist sehr unterschiedlich: Der Shiitake-Pilz braucht mit 16 bis 20 Wochen am längsten, bis er das Substrat so durchwachsen hat, dass er den gewünschten Ertrag liefert. Es gibt aber auch Pilzsorten, die bereits nach 4 Wochen so weit sind, dass wir sie in die Produktionsräume verlagern können. Nach weiteren 2 bis 3 Wochen sind die Pilze so weit, dass wir sie ernten können. Das Klima in den Produktionsräumen ist mit 12 bis 14 Grad und einer Luftfeuchtigkeit von 95 bis 97 Prozent auf die Wachstumsphase abgestimmt. Zusätzlich stimulieren wir das Wachstum der Pilze durch Bewegung bzw. Erschütterung. Dieses Prinzip lässt sich auch in der Natur beobachten – etwa im Wald, wo Pilze durch Bodenerschütterungen vermehrt am Wegrand erscheinen. 

Eine Schlüsselrolle bei der Pilzproduktion spielt das Pilzsubstrat. Auf diesem Gebiet ist Ihr Unternehmen besonders innovativ. Können Sie uns mehr darüber erzählen?
Die Pilzproduktion ist ohnehin innovativ, weil wir Lebensmittel aus Upcycling-Produkten herstellen. Dank langjähriger Erfahrung und unserer eigens entwickelten Technologie zur Substratherstellung sind wir Vorreiter in der Branche. Unsere vollautomatische Anlage kann bis zu 60 Substratbeutel pro Minute stapeln und einlagern. Heute können wir diese Technologie international verkaufen, d.h. wir haben je einen Mischer in Österreich, in Malaysia und in Australien. Indem wir aus der Produktion in diesen Ländern mit unterschiedlichsten Bedingungen lernen, entwickeln wir uns stetig weiter und stellen sicher, dass unsere Lösungen weltweit funktionieren. Unsere Technologie ist besonders energie- und plastikarm und ermöglicht einen effizienten Produktionsprozess mit nur drei bis vier Mitarbeitenden. 

Pilze sind ein ultrafrisches Produkt, das optisch und geschmacklich überzeugen muss – und das geht nur über Qualität.

Was macht die exzellente Qualität Ihrer Pilze aus?
Pilze sind ein ultrafrisches Produkt: Am Vormittag schneiden und verpacken wir die Pilze, am Nachmittag sind sie schon in den Verteilzentren und am nächsten Morgen im Regal des Detailhändlers. Es ist ein Produkt, das optisch und geschmacklich überzeugen muss – und das geht nur über Qualität. Da wir die gesamte Wertschöpfungskette selbst steuern, können wir jede Komponente zurückverfolgen und höchste Qualität gewährleisten. Alle Prozessschritte sind standardisiert und werden dokumentiert. Ausserdem produzieren wir in klimatisierten Räumen, wodurch wir unabhängiger von Witterungseinflüssen sind als beim Freilandanbau. Dennoch können natürliche Faktoren wie Mondphasen oder elektrostatische Aufladungen das Wachstum der Pilze beeinflussen.

Ihre Pilze werden biologisch und nachhaltig produziert, zudem ist Kernser Edelpilze zertifiziert für die Gewährleistung der Sicherheit und des Wohlbefindens der Mitarbeitenden. Warum ist Ihnen dieses breite Engagement wichtig?
Als Unternehmer tragen wir die Verantwortung für die Gesundheit und Motivation unserer Mitarbeitenden. Durch unser Engagement schaffen wir ein Gleichgewicht zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmenden – das ist uns sehr wichtig. Zudem sind wir überzeugt, dass nachhaltiges und kreislauforientiertes Wirtschaften der richtige Weg ist. Deshalb haben wir früh auf biologische Produktion und Photovoltaikanlagen gesetzt. Auch beim Bau unseres neuen Produktionsstandorts stand Nachhaltigkeit im Fokus: Für den Einsatz modernster Technologien zur Energierückgewinnung wurden wir 2019 mit dem Building Award ausgezeichnet.  

Nahaufnahme von für den Verkauf befüllten Schalen mit gemischten Pilzen beim Profond Kunden Kernser Edelpilze
Nahaufnahme von für den Verkauf befüllten Schalen mit Austernseitlingen beim Profond Kunden Kernser Edelpilze
Mitarbeiterin beim Profond Kunden Kernser Edelpilze stellt die Verpackungsmaschine ein

Ihr Unternehmen blickt auf eine 30-jährige Geschichte zurück, in der es sich durch Innovation und ständige Verbesserung kontinuierlich weiterentwickelt hat. Was tun Sie, damit sich die Kernser Edelpilze GmbH auch in Zukunft durch Exzellenz auszeichnet? 
In den letzten zweieinhalb Jahren haben wir verstärkt auf Innovation gesetzt und ein Netzwerk mit Hochschulen und Universitäten aufgebaut, um Wissen auszutauschen und neue Projekte zu realisieren. Gemeinsam mit der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL in Zollikofen untersuchen wir beispielsweise, wie verschiedene Lichtquellen, Schallwellen und elektrostatische Ladungen das Pilzwachstum beeinflussen.

Im Bereich Baustoffentwicklung arbeiten wir mit verschiedenen Hochschulen in Biel, Luzern und Stuttgart zusammen und haben ein Start-up gegründet, das Pilzmyzel als nachhaltigen Leimersatz in Baustoffen einsetzt. Unser Ziel ist es, Baustoffe zu entwickeln, die am Ende ihres Lebenszyklus rezykliert, wiederverwertet oder kompostiert werden können.

Auch in der regenerativen Landwirtschaft sehen wir grosses Potenzial: Wir arbeiten daran, unser gebrauchtes Substrat so zu verwandeln, dass es in der regenerativen Landwirtschaft eingesetzt werden kann und dabei möglicherweise CO2 im Boden bindet. Erste Feldversuche zeigen bereits positive Ergebnisse. Wir entwickeln laufend neue, nachhaltige Projekte mit wirtschaftlichem Potenzial und verfolgen das Ziel, ein komplett CO2-neutrales Unternehmen zu werden.

Christian Fanger

Portrait von Christian Fanger, Co-Geschäftsführer des Profond Kunden Kernser Edelpilze vor grünem Hintergrund

Christian Fanger ist seit dem Sommer 2022 gemeinsam mit Sepp Häcki für die Geschäftsführung der Kernser Edelpilze GmbH verantwortlich. Neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer ist er in weiteren Firmen tätig. Dabei kann der gelernte Verkaufsleiter und Käsermeister auf über zwanzig Jahre Erfahrung in Führungspositionen in der Lebensmittelindustrie zurückgreifen.  
www.kernser-edelpilze.ch

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