Sie arbeiten als stellvertretende Leiterin Personelles bei Profond. Daneben haben Sie letzten Sommer Ihr nebenberufliches Studium mit einem Master of Business Administration FH mit Vertiefung in «New Work & Collaboration» abgeschlossen. Wie haben Sie die Energie für diese Mehrfachbelastung aufgebracht?
Ich startete mit einem Arbeitspensum von 100 Prozent in die Ausbildung, konnte dieses jedoch in Absprache mit Profond zuerst auf 90 Prozent, später auf 80 Prozent reduzieren. Zudem schöpfte ich viel Energie daraus, dass ich das erlangte Wissen direkt in meiner Arbeit bei Profond anwenden konnte. Ich erhielt während der Ausbildung viel Unterstützung durch die Geschäftsleitung und konnte mich mit meiner Vorgesetzten austauschen. Für meine Masterarbeit arbeitete ich eng mit Laurent Schlaefli, dem Geschäftsführer von Profond und Präsident von inter-pension, zusammen. In meiner empirischen Arbeit führte ich eine Umfrage bei mehreren Pensionskassen durch. Um repräsentative Resultate zu erhalten, musste die Gruppe der Befragten genügend gross und divers sein. Deshalb war ich froh, dank Laurent Schlaefli auf das Netzwerk von inter-pension, der Interessensgemeinschaft von Sammel- und Gemeinschaftseinrichten, zurückgreifen zu dürfen.
Neben ihrer Arbeit als stellvertretende Leiterin Personelles ist Barbara Wirz bei Profond als Projektleiterin tätig. In dieser Rolle begleitet sie verschiedene Initiativen, mit denen Profond auf Veränderungen in der Arbeitswelt eingeht. Veränderungsprozesse binden Ressourcen. Im Gespräch erzählt Barbara Wirz, wie sie dafür sorgt, dass die Projekte erfolgreich sind und Profond letztendlich Energie daraus gewinnt.
Projekte binden Energie im Sinne von Ressourcen, die nicht für das tägliche Geschäft zur Verfügung stehen. In welchen Arbeitsbereich investieren Sie mehr Energie, in Personelles oder in Projekte? Und was muss ein Projekt mitbringen, damit es sich für Profond auszahlt?
Die Projektleitung erfordert mehr Energie von mir, als beispielsweise ein Vorstellungsgespräch zu führen. Zwar kenne ich die Projektarbeit als Instrument, das Thema ist jedoch jedes Mal neu. Hinzu kommt, dass alle Projekte, die ich bei Profond leite, mit Weiterentwicklung und damit auch mit Veränderungsprozessen zu tun haben. Um erfolgreich zu sein, muss die Veränderung für alle nachvollziehbar sein und von ihnen mitgetragen werden. Deshalb lohnt es sich, hier Energie zu investieren. Damit sich Projekte für Profond auszahlen, müssen einerseits die Rahmenbedingungen eingehalten werden. Dazu gehören der definierte Projektumfang sowie das personelle und finanzielle Budget. Andererseits sind die etwas weicheren Faktoren genauso wichtig. Hier lege ich Wert auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit, bei der wir das gegenseitige Verständnis schärfen und miteinander sowie voneinander lernen. In jedem Projekt reflektiere ich während und nach der Umsetzung, was gut war und wo Verbesserungsbedarf besteht. Mir ist es wichtig, diese Erkenntnisse kontinuierlich einzubringen. Ich bin überzeugt, dass dies entscheidend zur Weiterentwicklung von Profond beiträgt.
Welche Rolle spielt die Zusammensetzung eines Projektteams auf die Energie, mit der ein Projekt umgesetzt wird, und wie stellen Sie dieses jeweils zusammen?
Die Zusammensetzung hat einen immensen Einfluss auf die Energie, die Stimmung und damit auf das Potenzial eines Projektteams. Es kommen unterschiedliche Persönlichkeiten zusammen, und unter Umständen ist die Projektarbeit für manche ganz neu. Dann ist es besonders wichtig, dass ich das Team stärke, damit es die nötige Energie entwickeln und freisetzen kann. Die beste Voraussetzung für die Projektarbeit ist, wenn sich interessierte Mitarbeitende freiwillig melden können. Ebenfalls sollte das Projektteam so breit abgestützt und diversifiziert sein wie möglich, und zwar über Dienstjahre, Geschlecht, Alterskategorien, Abteilungen und Stufen hinweg.
Um erfolgreich zu sein, müssen Veränderungen für alle nachvollziehbar sein und von ihnen mitgetragen werden.
Welches war Ihr bisher grösstes Projekt bei Profond und was zeichnete dieses aus?
Mein bisher grösstes Projekt «Arbeitsmodell der Zukunft» dauerte zwei Jahre und betraf die gesamte Firma. Der Projektauftrag war sehr offen definiert und erfolgte 2021 nach dem Ende der Coronapandemie. Wir hatten gemerkt, dass unser Arbeitsmodell nicht mehr zeitgemäss war und wir gewisse Dinge verändern mussten. Die Geschäftsleitung hatte die Vision, ein modernes Arbeitsmodell umzusetzen, das mit den Mitarbeitenden entwickelt und definiert werden sollte. Die gesamte Ausgestaltung und Einführung gehörten zu meiner Aufgabe. Ich finde es bemerkenswert, dass die Geschäftsleitung ein solches Projekt ermöglicht, den Mitarbeitenden und mir als Projektleiterin so viel Vertrauen geschenkt und an unseren Erfolg geglaubt hat.
Als Erstes bildete ich ein Projektteam und war in der glücklichen Lage, dass sich aus jeder Abteilung interessierte Menschen meldeten und die Teamleitungen die entsprechenden Ressourcen zur Verfügung stellten. Dies war der Grundstein für unseren Erfolg. Eine unserer ersten Aufgabe war, herauszufinden, welche Arbeitsmodelle existieren und welche Elemente für Profond passen könnten. Da das Thema für uns alle neu war, organisierte ich Inspirationstermine mit anderen Unternehmen zu verschiedenen Themen wie Arbeitskultur, Formen der Zusammenarbeit, Gestaltung der Arbeitsplätze oder digitaler Arbeitsplatz. So konnten wir neue Arbeitsmodelle praxisnah kennenlernen und herausfinden, welche Veränderungen in welcher Dimension zu uns passen könnten. Sehr wichtig war in diesem Projekt ohne klaren Auftrag der regelmässige Austausch mit der Geschäftsleitung und dem Stiftungsrat als Auftraggeber. Ich zeigte auf, woran wir arbeiteten, und überprüfte, ob dies auch in ihrem Sinn war. Ein weiterer Erfolgsfaktor war, die Aufgaben nach den Stärken im Projektteam zu verteilen. Dafür musste ich allerdings zuerst herausfinden, wer über welche Stärken verfügte, und die Personen entsprechend befähigen. Ebenfalls sehr wichtig war es, für einen guten Informationsfluss zu sorgen. Nicht nur innerhalb des Teams und mit der Geschäftsleitung, sondern mit dem gesamten Unternehmen.
Mit dem neuen Arbeitsmodell wurde flexibles und ortsunabhängiges Arbeiten eingeführt. Wie schätzen Sie den Einfluss dieser Arbeitsform auf die genutzte und die gewonnene Energie im Unternehmen?
Vor der Pandemie waren wir sehr klassisch unterwegs, Homeoffice war nur für einzelne Funktionen möglich, und die Mitarbeitenden verfügten über keine Infrastruktur, um ortsunabhängig zu arbeiten. Heute sind wir alle mit topmodernen Arbeitsgeräten ausgerüstet, und Informationen sind jederzeit und überall zugänglich. Das Reglement erlaubt uns die Arbeit von zu Hause aus, von unterwegs und während zwei Wochen pro Jahr sogar im EU/EFTA-Raum. Dank Homeoffice und einem erweiterten Arbeitszeitrahmen bestimmen die Mitarbeitenden heute weitgehend selbst, wann und wo sie arbeiten. Damit erleben sie eine flexible Lebensgestaltung, was zu höherer Zufriedenheit und damit zu mehr Lebensenergie führt. Durch die Einführung von dezentralem Arbeiten konnten wir unsere Büroräumlichkeiten von zwei Stockwerken auf eines reduzieren, was den Energieverbrauch von Profond senkt.
Veränderung kann auch Unsicherheit erzeugen. Wie sorgen Sie dafür, dass sich das nicht negativ auf die Stimmung im Unternehmen auswirkt oder gar die Fluktuation erhöht?
Eine gewisse Fluktuation ist nicht grundsätzlich etwas Schlechtes. Sie ist sogar nötig, um neue Ideen und Energie ins Unternehmen zu bringen. Profond hat hier eine gesunde Mitte gefunden. Grundsätzlich ist es wichtig, Veränderungsprozesse breit abzustützen. Bei der Einführung des neuen Arbeitsmodells erklärten die Mitglieder des Projektteams ihren Kolleginnen und Kollegen, was sich verändern und was dies konkret für ihre Arbeit bedeuten würde. Das hat den Einzelnen viel Unsicherheit genommen und zu einer hohen Akzeptanz geführt. Bei anderen Projekten involviere ich deshalb die Führungspersonen zum frühestmöglichen Zeitpunkt und achte bei Informationen stets darauf, dass die Kommunikation für das Gegenüber verständlich ist.
Die mit Abstand grösste Motivation, sich auf eine Stelle zu bewerben, ist eine wertschätzende Unternehmenskultur.
Profond erreichte den 5. Platz beim Swiss Arbeitgeber Award – einem Preis, der aufgrund einer Mitarbeiterbefragung verliehen wird. Was kann ein Unternehmen im Allgemeinen tun, damit eine positive Energie unter den Mitarbeitenden entsteht?
Unter positiver Energie verstehe ich das Mitarbeiter-Empowerment, bei dem Führungsstufen entlastet und Verantwortung sowie Entscheidungskompetenz an die Mitarbeitenden übertragen werden. Nur so kann die notwendige Schnelligkeit bei Prozessen erreicht werden. In meiner Masterarbeit zu diesem Thema habe ich untersucht, welche Faktoren das Mitarbeiter-Empowerment fördern. Am wichtigsten ist die Erfahrung von Anerkennung. Sei dies von Geschäftsleitungsmitgliedern, von Führungspersonen oder auch von Mitarbeitenden untereinander. Wir wollen grundsätzlich alle gute Arbeit leisten und verbringen einen grossen Teil unseres Lebens im Geschäft. Folglich möchten wir dort eine gute Zeit haben. Zweitstärkster Faktor ist der Wunsch, eine für andere nützliche Arbeit zu verrichten, und als Drittes wurde eine als sinnhaft empfundene Arbeit genannt. Sinnstiftende Arbeit setzt erhebliche Energieressourcen frei. Diesbezüglich sind wir bei Profond mit dem sozialpartnerschaftlichen Gedanken in einer privilegierten Ausgangslage.
Aktuell leite ich auch ein Projekt zur «Employee Journey», der Reise einer Mitarbeiterin, eines Mitarbeiters vom ersten Kontakt mit Profond über die gesamte Anstellungszeit bis zum Verlassen der Firma. Dazu habe ich eine Umfrage bei Bewerberinnen und Bewerbern durchgeführt. Die mit Abstand grösste Motivation, sich auf eine Stelle zu bewerben, ist eine wertschätzende Unternehmenskultur. Es ist folglich enorm wichtig, diese zu pflegen und auch nach aussen zu tragen.
Der Fachkräftemangel ist schon heute ein vieldiskutiertes Thema und wird sich in Zukunft wohl noch verstärken. Müssen Sie immer mehr Energie in die Rekrutierung von Fachkräften setzen? Und wenn ja, was bedeutet das konkret?
Die Arbeitswelt verändert sich, und die Mitarbeitenden rücken immer mehr ins Zentrum. Zudem gehen heute bereits mehr Menschen in Rente, als Junge ins Berufsleben einsteigen. Dies wird sich mit der Pensionierung der Babyboomer weiter verschärfen. Deshalb halte ich das Projekt der «Employee Journey» für wichtig, bei der wir die einzelnen Kontaktpunkte und Bedürfnisse der Mitarbeitenden genauer anschauen. Nur wenn wir wissen, was sie beschäftigt, können wir ihnen gerecht werden. Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, erstellen wir zudem aktuell ein Kompetenzmodell. Dabei geht es darum, bestehende oder neue Mitarbeitende den spezifischen Anforderungen entsprechend weiterzubilden. Wir investieren viel in die gute und bedürfnisgerechte Aus- und Weiterbildung unserer Mitarbeitenden.
Sehen Sie in Ihrem Aufgabenbereich noch weitere Herausforderungen und Chancen, die Sie gerne in Projekten angehen würden?
Die Zukunft wird von uns vermehrt Anpassungsfähigkeit und Innovation erfordern. Darauf müssen wir uns vorbereiten und unsere Mitarbeitenden befähigen, in diesem Prozess mitzugehen. Profond hat sich daher auf die Reise zu einem agilen Unternehmen gemacht und mich mit der Projektleitung beauftragt. Viele bringen dem Thema Agilität grossen Respekt entgegen. Mit dem lancierten Projekt begegnen wir der Unsicherheit, fördern die teamübergreifende Zusammenarbeit und zeigen den Nutzen für Profond auf. Auch hier binde ich die Mitarbeitenden in den Veränderungsprozess mit ein, indem sie selbst Inhalte erarbeiten. So entsteht eine agile Unternehmenskultur, in der sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entfalten und ihre Ideen einbringen dürfen. Wertschätzung heisst für Profond auch, dass kreative Ideen der Mitarbeitenden umgesetzt werden. Ich finde es wichtig, dass wir uns in allen Bereichen mit unserer Firmenkultur beschäftigen, dafür sorgen, dass diese positiv bleibt und wir sie nach aussen tragen. Das ist der Schlüssel, damit Mitarbeitende auch künftig gerne bei uns arbeiten.
Barbara Wirz
Barbara Wirz begann 2017 als Assistentin Geschäftsleitung und Personelles bei Profond zu arbeiten. In zahlreichen Weiterbildungen vertiefte sie ihr Wissen rund um die Entwicklung von Mitarbeitenden. Heute verfügt sie über einen Master of Business Administration FH mit Vertiefung in «New Work & Collaboration», ist stellvertretende Leiterin Personelles und betreut zahlreiche Projekte zur Weiterentwicklung des Unternehmens.