Energy Vault ist ein innovatives Unternehmen mit Hauptsitz in Lugano, das sich auf die Entwicklung und Implementierung von Technologien zur Speicherung erneuerbarer Energien spezialisiert hat. Die daraus resultierende gravitationsbasierte Technologie ist so einfach wie bahnbrechend. Im Gespräch erklärt Mitbegründer Robert Piconi die Idee dahinter und wie sich das noch junge Unternehmen trotz Herausforderungen so rasant entwickeln konnte.

Herr Piconi, was ist die Geschichte und Inspiration hinter der Gründung von Energy Vault im Jahr 2017?
Wir haben Energy Vault mit dem Ziel gegründet, das dringende Problem des Klimawandels anzugehen, indem wir die Nutzung erneuerbarer Energien vorantreiben. Obwohl Wind- und Solarenergie nachhaltig sind, stellt ihre unbeständige Natur eine Herausforderung dar, da sie nicht stetig Energie produzieren. Das Kernproblem besteht darin, ihre Energie effizient zu speichern, um konstante Energiequellen wie Kohle zu ersetzen. Wir haben nach einer Lösung gesucht, die schnell implementierbar, kosteneffizient und nachhaltig ist. Das hat uns dazu veranlasst, gravitationsbasierte Speichertechnologien zu untersuchen. 

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Energy Vault ist ein noch sehr junges Unternehmen. Was hat sich seit seiner Gründung getan?
In nur sechs Jahren haben wir bemerkenswerte Fortschritte gemacht, von der Sicherung einer frühen Finanzierung, die uns die Entwicklung und Erprobung unserer Kerntechnologien ermöglicht hat, bis hin zur Bewältigung der Herausforderungen der COVID-19-Pandemie, die gerade für Start-ups eine existenzielle Bedrohung war. Durch den politischen Wandel hin zu erneuerbaren Energien und bedeutenden Investitionen von Unternehmen wie BlackRock haben wir an Schwung gewonnen, was zu unserem Börsengang und einem erheblichen Umsatzwachstum geführt hat.

Zudem haben wir unsere gravitationsbasierten Speichersysteme erfolgreich eingesetzt, insbesondere in China, dem mit Abstand grössten Treibhausgasemittenten weltweit. Das Land ist ein wichtiger Exporteur von Gütern und hat einen so hohen Energiebedarf, dass er noch nicht von erneuerbaren Energien gedeckt werden kann, weil es nicht genügend Energiespeicher gibt. China baut zwar aggressiv, allerdings handelt es sich dabei hauptsächlich um Kraftwerke mit fossilen Brennstoffen. Unser Ziel ist es daher, China bei der Dekarbonisierung zu unterstützen.

Unsere Gravitationstechnologie ist eine neue Art der Energiespeicherung, die die Funktionsweise von Pumpspeicherkraftwerken nachahmt, ohne aber von Wasser abhängig zu sein.

Wie funktioniert die Technologie von Energy Vault und wie unterscheidet sie sich von anderen Energiespeichertechnologien, z.B. Pump- oder Druckluftspeicherwerken?
Unsere Gravitationstechnologie ist eine neue Art der Energiespeicherung, die die Funktionsweise von Pumpspeicherkraftwerken nachahmt. Bei unserem Verfahren werden Strukturen errichtet, die überschüssige Energie nutzen, um tonnenschwere Blöcke anzuheben. Bei Energiebedarf werden sie autonom abgesenkt, wodurch ein Motor angetrieben und Energie ins Netz gespeist wird – ähnlich dem Wasserdurchfluss in einem Wasserkraftwerk. Da die Blöcke unter anderem aus Erdaushub hergestellt werden, ist das Verfahren nachhaltig und kosteneffizient.

Energy Vault hebt sich auch durch seine kundenorientierten Lösungen ab, die auf die spezifischen Bedürfnisse jedes Projekts zugeschnitten werden. Wir arbeiten auf einzigartige Weise mit verschiedenen Technologien, sei es eine kurzfristige Lösung mit Lithium-Ionen-Batterien, eine langfristige Lösung mit Gravitation oder eine ultralangfristige Lösung mit grünem Wasserstoff. Unser Energiemanagementsystem (EMS) spielt dabei eine entscheidende Rolle, da es die verschiedenen Technologien koordiniert, um eine effiziente Energiespeicherung und -verteilung zu gewährleisten.

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Wie integrieren Sie das Prinzip der Kreislaufwirtschaft in Ihre Entwicklungs- und Betriebsprozesse?
Wir legen grossen Wert auf die Verwendung von Materialien, die durch ihr Recycling nicht nur nachhaltig, sondern auch rentabel sind. So werden beispielsweise die in unserem Gravitationsspeichersystem verwendeten Blöcke aus Erdaushub und rezyklierten Materialien wie Glasfasern von ausrangierten Windturbinenflügeln hergestellt. Das kommt nicht nur der Umwelt zugute, indem Materialien, die sonst auf Mülldeponien landen würden, wiederverwendet werden, sondern verbessert auch die Kosteneffizienz unserer Lösungen.

Mit welchen technischen und logistischen Herausforderungen sind Sie konfrontiert und wie gehen Sie diese an?
Das Navigieren durch Genehmigungsverfahren und regulatorische Vorgaben ist eine der grössten Herausforderungen bei der Einführung neuer Technologien. Aber natürlich ist Vorsicht geboten, wenn es darum geht, wie Elektronen in das Netz eingespeist oder aus dem Netz entnommen werden. Da die Stromnachfrage schwankt, müssen die Netze belastbar und in der Lage sein, Nachfragespitzen zu bewältigen oder überschüssige Energie zu speichern.

Zuletzt mussten wir die Zuverlässigkeit und Bankfähigkeit unserer Lösungen unter Beweis stellen. Letztes Jahr konnten wir unsere ersten Projekte erfolgreich umsetzen und haben nun wertvolle Referenzen, die unsere Kompetenz belegen. Selbst wenn man den besten Preis hat, gilt man erst als «bewährt», wenn die Systeme eine Weile in Betrieb sind.

Wir fördern kreatives Denken und sind stets bestrebt, nicht nur bestehende Probleme zu lösen, sondern auch zukünftige Bedürfnisse zu antizipieren.

Wie fördert Energy Vault eine Kultur der Innovation innerhalb des Teams? 
Innovation steht im Zentrum unseres Handelns. Das betrifft nicht nur die Entwicklung neuer Technologien, sondern auch unsere Arbeitsprozesse, beispielsweise die Handhabung unserer IT-Sicherheit und die Zusammenarbeit in einer digitalisierten Welt. Wir legen grossen Wert auf kreatives Denken und sind stets bestrebt, nicht nur bestehende Probleme zu lösen, sondern auch zukünftige Bedürfnisse zu antizipieren. Wir möchten ein Umfeld schaffen, in dem sich unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ermutigt fühlen, innovative Ideen voranzutreiben. Einer unserer Grundwerte ist Bescheidenheit, die es uns ermöglicht, unsere Rolle im globalen Ökosystem zu reflektieren und Bereiche zu erkennen, in denen wir uns verbessern wollen.

Erneuerbare Energien sind und bleiben ein bedeutendes Thema. Was sind die nächsten grossen Schritte für Energy Vault? Was planen Sie für die Zukunft?
Unsere Zukunftspläne sind global und ambitioniert. Wir konzentrieren uns auf grosse Projekte, um unseren «Impact», sprich unsere Wirkung, zu maximieren. Unser Ziel ist es, unsere Präsenz weltweit zu stärken, und wir arbeiten dabei mit bedeutenden Investoren und Partnern wie BHP, Korea Zinc und Saudi Aramco zusammen, um den Übergang von fossilen Brennstoffen zu erneuerbaren Energien effizienter zu gestalten.

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Welchen Rat würden Sie anderen Start-ups und Innovatoren im Bereich der erneuerbaren Energien geben?
Bei der Entwicklung innovativer Technologien kommt es vor allem darauf an, eng mit den Kunden zusammenzuarbeiten, um sicherzustellen, dass die Lösung ihren Bedürfnissen entspricht. Regelmässiges Feedback ist dabei unerlässlich und sollte direkt in die Produktentwicklung und das Design einfliessen. Zudem ist es wichtig, flexibel auf unvorhergesehene Herausforderungen wie globale Pandemien oder geopolitische Konflikte zu reagieren. Während der COVID-19-Pandemie haben wir beispielsweise alle Gehälter gekürzt, was von unseren Mitarbeitern verstanden und mitgetragen wurde, sodass wir das Team vollständig halten konnten. Ausserdem sollte man nie vergessen, dass das Team das wertvollste Gut eines Unternehmens ist. Eine Kultur, die Innovation schätzt und das Wachstum sowie den Beitrag jedes Einzelnen fördert, ist entscheidend für den Erfolg.

Robert Piconi

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Robert Piconi ist Vorstandsvorsitzender und CEO sowie Mitbegründer von Energy Vault. Zuvor hat er zahlreiche innovative Unternehmen im Bereich der Gesundheitsdienstleistungen gegründet und geleitet. Er besitzt einen MBA der Northwestern University (Kellogg School of Management) und einen Bachelor in Finanzwesen und der italienischen Literatur der Renaissance der University of Notre Dame.
www.energyvault.com

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