1930 gründete Ihr Urgrossvater ein Sägewerk im Jura. Heute führen Sie und Ihr Cousin das Familienunternehmen, das mittlerweile viel mehr ist als ein Sägewerk, in der vierten Generation. Was ist die Groupe Corbat heute für ein Unternehmen?
Seit bald 100 Jahren sind wir in der Holzindustrie tätig und folgen dabei unserem Leitmotiv, das regionale Waldpotenzial möglichst optimal zu nutzen. Das heisst, wir beziehen unser Holz in der Umgebung, verarbeiten es hier und verkaufen sowie verwenden die Erzeugnisse möglichst lokal. In unserem historischen Produktionsstandort, dem Sägewerk in Vendlincourt, erfolgt noch heute der «Einschnitt», das heisst der erste Verarbeitungsschritt in der Holzindustrie. Hier verarbeiten wir die Baumstämme zu Brettern und Kanthölzern. In den letzten Jahrzehnten haben wir uns zudem stark diversifiziert. Heute stellen wir verschiedene Roh- und Fertigprodukte her und beschäftigen rund 70 Mitarbeitende an zwei Produktionsstandorten. Neben dem Geschäft mit Brettern stellen wir vor allem Holzbahnschwellen her und sind im Holzbausektor tätig. Wir sind auch spezialisiert auf die Behandlung von Fassadendielen und produzieren Parkett sowie Möbel für den Aussenbereich. Weitere Geschäftsbereiche sind die Herstellung von Pellets und Holzwasserstoff.
Die Groupe Corbat ist ein Familienunternehmen im Jura, das seit bald 100 Jahren mit Leidenschaft für die Holzindustrie geführt wird. Mit Benjamin Corbat und seinem Cousin Gauthier Corbat setzt sich bereits die vierte Generation für die sinnvolle Nutzung von Holz ein. Wie die Überzeugung, das Beste aus dem Rohstoff Holz und dem Potenzial des regionalen Waldes herausholen zu wollen, Innovation antreibt.
Die Groupe Corbat steuert auf ihr 100-jähriges Bestehen zu. Wie hat Ihr Unternehmen es geschafft, so langlebig zu sein und sich über einen so grossen Zeitraum immer neuen Gegebenheiten anzupassen?
Eine wichtige Rolle spielt die Diversifikation, die 1978 mit der Übernahme eines Herstellers von Holzbahnschwellen begann. Bis dahin unterhielten wir nur das Sägewerk. Mit der Firmenübernahme kam ein zweiter Produktionsstandort in Glovelier dazu, ausserdem stieg die dritte Generation in das Unternehmen ein. Die Geschäftsübernahme brachte viel Wissen in der Holzbehandlung für Bahnschwellen in unser Unternehmen. Dieses Wissen bauten wir stetig aus, so dass wir heute diverse Holzbehandlungen für den Aussenbereich anbieten können. Ebenso entwickelten wir uns in den verschiedenen Holzverarbeitungsprozessen weiter. Zusammengefasst lässt sich unser Erfolg am besten begründen mit Diversifikation dank Innovation und stetigem Gewinn von Know-how. Diesen Weg verfolgen wir auch in der vierten Generation weiter: bei unseren Hauptprodukten und bei den neuen Themen Energie sowie Restholzverwertung mit Pellets und Holzwasserstoff.
Die Kreislaufwirtschaft ist ein zentrales Anliegen bei der Entwicklung unserer Angebote und Projekte.
Holz ist ein Rohstoff, der schon seit Jahrtausenden genutzt wird. Wo sind aus Ihrer Sicht die grössten Vorteile von Holz in der heutigen Zeit?
Holz als Rohstoff ist eine Zeit lang etwas in Vergessenheit geraten. Im Bausektor wurde beispielsweise fast nicht mehr mit Holz gebaut. Diese Tendenz ändert sich nun aus guten Gründen. Da Holz CO2 bindet, weisen Bauten mit Holz eine vielfach bessere CO2-Bilanz aus als Bauten mit Beton oder Stahl. Zudem ist Holz ein erneuerbarer Rohstoff und wächst also immer wieder nach. Im Bausektor kommen noch weitere Vorteile von Holz dazu: So erlaubt Holz die Vorfabrikation von Bauteilen, wodurch auf der Baustelle viel schneller gearbeitet werden kann. Zudem erzeugt Holz ein angenehmes Raumklima und ist viel angenehmer anzufassen als Beton.
Ihre Holzkonstruktionen und -verkleidungen für den Haus- und Landschaftsbau sowie die Möbel für den Aussenbereich sind alles sehr langlebige Produkte. Was benötigt es, damit Holz den Witterungen und Umwelteinflüssen standhält?
Durch verschiedene Holzbehandlungen verlängern wir die Lebensdauer von Holz je nach der gewünschten Anwendung im Aussenbereich. Dies ist wichtig, um so wenig wie möglich auf unsere Waldressourcen zurückgreifen zu müssen. Wir versuchen stets Wege der Holzbehandlung zu finden, die einen möglichst geringen negativen Einfluss auf die Natur haben. Mit der Thermobehandlung ist uns beispielsweise eine solche Lösung gelungen, aber auch bei der Imprägnierung mit Kupfersalzen konnten wir Fortschritte erzielen, so dass keine Auswaschung von Schwermetallen mehr stattfindet.
Bei der Entwicklung unserer Angebote und Projekte ist uns das Thema der Kreislaufwirtschaft wichtig. Dabei wird der Lebenszyklus von bestehenden Materialen verlängert, indem sie so lange wie möglich eingesetzt, wiederverwendet und rezykliert werden. Deshalb achten wir nicht nur auf die Langlebigkeit, sondern auch auf die Wiederverwertung von Holz. So haben wir zum Beispiel unsere neue Lagerhalle mit alten Trägern einer Eishalle gebaut und wollen in Zukunft noch mehr in die Wiederverwertung von Altholz investieren.
Die Groupe Corbat stellt als einzige Firma in der Schweiz Bahnschwellen aus Holz her. Werden heute noch oft Holzbahnschwellen eingesetzt? Und wie langlebig sind diese?
Auf dem Schweizer Bahnnetz werden nach wie vor oft Holzschwellen verwendet. Erreicht eine Holzbahnschwelle ihr Lebensende, wird sie in der Regel durch eine solche ersetzt. An ihrer Stelle eine Betonschwelle einzusetzen, wäre mit Mehraufwand und damit Mehrkosten verbunden. Durch das höhere Gewicht muss der Untergrund speziell vorbereitet werden, sonst sinkt die Betonschwelle im Gleisbett ein. Aus meiner Sicht gibt es keine ideale Lösung für Bahnschwellen. Holzschwellen haben Vor- und Nachteile genauso wie Beton- oder Metallschwellen. Die Holzschwelle hat eine gute CO2-Bilanz und absorbiert Vibrationen sehr gut, was sie leise macht. Im Vergleich mit der Betonschwelle zeichnet sie sich durch die geringere Höhe und damit insgesamt geringere Dimension aus. Zudem zermahlt die Holzschwelle den Schotter nicht, was bei der Betonschwelle durch die unterschiedlich wirkenden Kräfte geschieht. Dafür ist eine Betonschwelle viel langlebiger und die Unterhaltskosten somit tiefer. Die Lebensdauer einer Holzbahnschwelle liegt im Durchschnitt bei ungefähr 25 Jahren, die einer Betonschwelle bei rund 40 Jahren.
Mit jedem Kilogramm produziertem Wasserstoff können wir zwölf Kilogramm CO2 binden. Dies ist unsere kleine Revolution.
Werden Bahnschwellen heute immer noch mit Teeröl behandelt und wie sieht die Umweltverträglichkeit diesbezüglich aus?
Der grösste Nachteil von Holzbahnschwellen besteht tatsächlich in der Behandlung mit Teeröl, die auch heute noch angewendet wird, um Bahnschwellen vor Verrottung und Schädlingsbefall zu schützen. Teeröl – ein Destillat aus Kohle – ist ein Biozid, dessen Einsatz bereits heute restriktiv geregelt ist. Deshalb möchten wir eine Alternative entwickeln und haben ein gemeinsames Forschungsprojekt mit der Berner Fachhochschule gestartet. Die Zusammensetzung des Teeröls konnte in der Vergangenheit zwar verbessert werden: Der Prozess des Destillierens wurde weiterentwickelt, so dass leichte Partikel wie zum Beispiel das unerwünschte Phenol aus dem Destillat entfernt werden konnten. Trotzdem sind wir überzeugt, hier innovativ denken zu müssen, um eine ganz neue Alternative zu finden.
Mit der Herstellung von Holzwasserstoff verfolgen Sie ein weiteres Innovationsprojekt. 2021 wurde dafür die Firma H2 Bois gegründet, die mehrheitlich im Besitz der Groupe Corbat ist. Können Sie uns mehr zu dem ehrgeizigen Ziel erzählen, grünen Wasserstoff herzustellen und so zur Energiewende beizutragen?
Wir sind uns sicher, dass Wasserstoff in Zukunft ein wichtiger Energieträger sein wird, da er eine hohe Energiedichte aufweist. Heute wird Wasserstoff mittels Elektrolyse – der Zerlegung von Wassermolekülen durch elektrischen Strom – hergestellt. Der Strommarkt ist zurzeit jedoch nicht sehr stabil, eine drohende Strommangellage war gerade diesen Winter ein grosses Thema. Grüner Wasserstoff aus Holz ist eine Antwort auf diese Problematik, da wir in der Herstellung sieben bis zehnmal weniger Elektrizität benötigen als mit der Elektrolyse. Zudem ist er mit Blick auf die Kreislaufwirtschaft attraktiv. Wir erhitzen Altholz und Abfallholz mit einer Temperatur von ca. 500 Grad in einem Klima ohne Sauerstoff. Mit dieser sogenannten Thermolyse vermeiden wir eine Verbrennung. Stattdessen findet eine Vergasung statt, bei der wir am Ende reinen Wasserstoff erhalten. Dank der fehlenden Verbrennung wird das CO2, das ein Baum in seinem Leben absorbiert hat, nicht wieder freigesetzt. Mit jedem Kilogramm produziertem Wasserstoff können wir zwölf Kilogramm CO2 binden. Dies ist unsere kleine Revolution, die für wasserstoffbetriebene Lastwagen und die Industrie interessant sein kann.
Wir konzentrieren uns bewusst auf einen regional stark begrenzten Absatzmarkt, um den Transport mit Lastwagen möglichst zu vermeiden. Unser Ziel ist es, unseren Produktionsstandort über Wasserstoffleitungen direkt mit den Konsumenten zu verbinden. Mit dem Aufbau eines solchen Ökosystems können wir auf das kostenaufwendige Komprimieren des Wasserstoffs verzichten, der normalerweise für den Transport nötig ist. Wir haben bereits viele interessierte Unternehmen aus der nahegelegenen Uhrenindustrie, die Wasserstoff für ihre industriellen Verfahren benötigen. Im Sommer werden wir mit den Bauarbeiten der Produktionsstätte beginnen und hoffen, Ende 2024 produktionsfähig zu sein.
Sie führen das Unternehmen bereits in der 4. Generation. Wo sehen Sie die Groupe Corbat, wenn Sie das Unternehmen an die nächste Generation weitergeben?
Mein Cousin und ich haben das Unternehmen von unseren Vätern übernommen und gehen den von ihnen eingeschlagenen Weg weiter. Wir streben nach Innovation und treiben die Diversifikation voran, die sie gestartet haben. Gerade die Innovation ist wichtig für unser langfristiges Bestehen. So müssen wir in den nächsten Jahren beispielsweise einen Ersatz für die Teerölimprägnierung der Bahnschwellen finden. Aber auch in der Holzenergie wollen wir nach neuen Lösungen suchen. Ich bin mir sicher, dass die nächste Generation noch stärker mit Themen wie Energie und CO2-Bilanz beschäftigt sein wird. Ich hoffe, dass wir bis dann viele weitere Möglichkeiten gefunden haben, um das grosse Potenzial von Holz zu nutzen.
Benjamin Corbat
Benjamin Corbat führt das Familienunternehmen, die Groupe Corbat, seit 2019 zusammen mit seinem Cousin in vierter Generation. Er studierte an der Universität Basel und erlangte einen Bachelor of Arts in Business & Economics. Er trat 2015 in das Familienunternehmen ein, nachdem er mehrere Jahre als Projektmanager in der audiovisuellen Industrie gearbeitet hatte. Seine Ausbildung im Holzbereich ergänzte er mit einem CAS an der Berner Fachhochschule.
www.groupe-corbat.ch